Gottessohnschaft

Die Lehre von Christus ist das Zentrum des christlichen Glaubens, denn Jesus Christus ist der Ausgangspunkt, die Mitte und das Ziel der Heilsgeschichte, die in der Heiligen Schrift offenbart ist. Die Frage nach dem Heil bzw. danach, wie wir in den Himmel kommen, entscheidet sich einzig und allein an der Person Jesu Christi.

Apg.4,2: „Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden“. Joh.3,36: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm“. 1.Joh 5,12: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht“.  Wenn sich alles an Jesus entscheidet, wie es in seinem Wort steht, dann wird es darauf ankommen, welches Bild wir von Jesus haben. Die Frage, die sich in unserem Zusammenhang ergibt, ist also: Glauben wir, dass Jesus wirklich der von Gott gesandte Gottessohn ist, oder glauben wir, dass er nur ein vorbildlicher Mensch war, der aufgrund seiner überragenden Tugend sich den Titel des Gottessohnes verdient hat? „Jesus Christus ist wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren, und auch wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau Maria geboren“– so haben wir es im Konfirmandenunterricht von Martin Luther als Erklärung zum Glaubensbekenntnis der Kirche über das Geheimnis der Person Jesu gelernt. Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch in einer Person. So hat es nicht nur die Reformation, sondern im Grunde die weltweite Kirche seit mehr als 2000 Jahren gelehrt, und so wird es auch in der Heiligen Schrift unzweideutig auf vielfache Weise bezeugt. Dies ist die Grundlage der Trinitätslehre (Dreieinigkeit) und der Doppelnatur Jesu. Die liberale Theologie hat dieses Dogma (Lehrsatz) allerdings ins Wanken gebracht. Sie akzeptiert nicht mehr die ewige Gottessohnschaft. Nach der Meinung der HKT war Jesus nur ein Mensch, der von seinen Anhängern nachträglich zum Gottessohn hochstilisiert wurde.  Jesus habe selbst nicht beansprucht, Gottes Sohn zu sein. Diesen Titel habe man ihm nachträglich in den Mund gelegt, um seine überragende Würde damit zu unterstreichen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie unser Religionslehrer im Grundkurs der Oberstufe versuchte, uns diese „wissenschaftliche“ Erkenntnis über den historischen Jesus nahezubringen. Prof. Andreas Lindemann, ein renommierter Lehrbuchautor für Theologiestudenten, antwortet in einem Spiegelinterview auf die Frage, ob Jesus Gottes Sohn sei, mit einem klaren -nein. Rudolf Bultmann entscheidet sich (in Glauben und Verstehen Bd.II, 5 Aufl.) bei der Frage: „Hilft er mir, weil er der Sohn Gottes ist, oder ist er der Sohn Gottes, weil er mir hilft, für das letztere. Er schreibt dazu: „Nun, ich glaube, man darf sagen, dass im Neuen Testament, jedenfalls a parte potiori (überwiegend), die Aussagen über Jesu Göttlichkeit oder Gottheit in der Tat Aussagen sind, die nicht seine Natur, sondern seine Bedeutsamkeit zum Ausdruck bringen wollen“. Jesus wurde also nicht als Gottes Sohn bezeichnet, weil er wesensgleich mit ihm gewesen wäre, sondern weil er über hohe menschliche Qualitäten verfügte, die ihn in die Nähe Gottes gebracht hätten. Wenn man sich das Denksystem der liberalen Theologie genau anschaut, dann kann es auch gar nicht anders sein. Der Glaube an eine ewige Wesensgleichheit zwischen Gott und Jesus wäre ein krasser Widerspruch zu allen anderen Glaubensmerkmalen der liberalen Theologie. Die Liberale Theologie ist in ihrer Bibelkritik nicht eine Ansammlung von Einzelbefunden der Bibelinterpretation, sondern ein Denkgebäude, das in ihren innerweltlichen Denkvoraussetzungen eines geschlossenen Weltbildes wurzelt und das über die Einzelbefunde gestülpt wird. Alle Glaubensinhalte mit übernatürlicher Dimension werden in der historisch-kritischen Theologie auf eine menschliche Ebene heruntergebrochen. Ein übernatürliches Handeln Gottes z.B. in Form einer Inkarnation (Menschwerdung) des Sohnes Gottes ist ausgeschlossen. Nach historisch kritischer Einstellung ist ein Einbruch der Wirklichkeit Gottes in die geschöpfliche Dimension des Menschseins nicht möglich. Da Jesus tatsächlich lebte, muss es sich deshalb um einen reinen Menschen gehandelt haben. Konsequenterweise lehnt man auch die ewige Gottessohnschaft Jesu im Sinne einer Präexistenz und viele traditionelle Glaubensinhalte ab, ohne jedoch die Begrifflichkeit aufzugeben. Zahlreiche Glaubensinhalte werden ihres ursprünglichen Sinnes entleert und mit einem neuen Bedeutungsinhalt gefüllt, sodass es häufig vom theologischen Laien gar nicht auf Anhieb bemerkt wird. So kann auch ein Rudolf Bultmann sagen, dass er an Jesus als Sohn Gottes glaubt, obwohl er im gleichen Atemzug die Wesensgleichheit bestreitet. So kann auch ein Andreas Lindemann die Gottessohnschaft Jesu ablehnen und trotzdem die Wichtigkeit des Glaubens an den Sohn Gottes unterstreichen. Im oben erwähnten Spiegelinterview tut er dies genauso, wie ich dies hier beschrieben habe. Als letztes Beispiel möchte ich den ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden, Nikolaus Schneider, erwähnen, der ebenfalls seinen Glauben an den Sohn Gottes bezeugt, indem er behauptet, dass ein Mensch mit dem Namen Jesus bei seiner Taufe von Gott als sein Sohn adoptiert worden sei. Den Glauben an Jesus als Gottessohn will man nicht aufgeben. Nur die historische Dimension einer ewigen präexistenten Gottessohnschaft lehnt man ab. Wir spüren bei diesen Ausführungen auch, wie das Verständnis der Sohnschaft Gottes und der Jungfrauengeburt unmittelbar zusammenhängen und verstehen auch, warum man im Glaubensbekenntnis -geboren von der Jungfrau Maria- sprechen kann, aber gleichzeitig behaupten kann, dass Maria medizinisch-biologisch gesehen bei der Geburt Jesu nicht mehr Jungfrau war. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Wirklichkeitsebenen oder besser zwei verschiedene Verständnisebenen. Dieser Wirklichkeits-Dualismus zieht sich durch alle Bereiche der historisch- kritischen Sicht der Bibel und ist gleichzeitig die Voraussetzung für zahlreiche Umdeutungen geistlicher Begriffe. Damit entfernt sich die liberale Theologie aber auch in erschreckender Weise vom Grundverständnis der Heiligen Schrift. Es entsteht ein seltsames Zerrbild, auf dem man das wahre Gesicht der Bibel kaum noch erkennen kann.

Nun wollen wir aber, wie bei den anderen Themen den tatsächlichen biblischen Befund ansehen. Wir wollen die Frage stellen: Stimmt das überhaupt, dass Jesus nicht den Anspruch gestellt hat, Gottes Sohn zu sein? Oder: Lässt uns die Bibel den Spielraum, in der Gottessohnschaft keine Wesensgleichheit, sondern eine Bedeutsamkeit zu sehen?

Wir wollen uns dabei zunächst einen der wichtigsten Befunde ansehen. Jesus vor dem Hohen Rat: Markus 14,61 u.62: „Er aber schwieg still und antwortete nichts. Da fragte ihn der Hohepriester abermals und sprach zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten? Jesus aber sprach: Ich bin’s; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels“. Der Wortlaut ist bei Matthäus fast der gleiche, außer dass bei Matthäus statt- Sohn des Hochgelobten- Sohn Gottes- steht. Im Lukasevangelium steht ebenfalls -Gottes Sohn, dafür lässt Lukas den zweiten Satz, der ein Zitat aus Daniel 7 ist, weg. Schon allein diese Stelle zeigt eindeutig, dass Jesus sich als Sohn Gottes und Messias angesehen hat. Gleichzeitig sehen wir auch an der Stelle, dass es hier nicht um eine menschliche Ähnlichkeit mit Gott oder eine moralische Bedeutsamkeit ging, sondern tatsächlich um eine Wesensgleichheit. Dies wird zunächst daran deutlich, dass der Hohepriester, Kaiphas, auf Jesu Antwort seine Kleider zerriss, weil Jesus den Tatbestand der Gotteslästerung erfüllt hatte. Es kommt jedoch noch ein zweiter Hinweis dazu. Wenn Jesus nicht so verstanden hätte werden wollen, dann hätte er hier einhaken können. Er hätte den Hohenpriestern und allen Umstehenden nochmal erklären können, dass man ihn falsch verstanden habe. Er hätte eine genaue Erklärung nachschieben können. Dies tat er aber nicht, weil er wusste, dass seine Gegner ihn richtig verstanden hatten. Dies unterstreicht Jesus, indem er nicht einfach mit einem flüchtigen und erzwungenen „ja“ antwortet, sondern mit dem bewussten und höflichen Satz: „Ich bin es“, oder „Du sagst es“. Dies ist die stärkste Form der Bejahung. Hier kann man sich auch nicht damit herausreden, zu sagen, Jesus habe sich hier als Sohn Gottes gesehen wie im Alten Testament das Volk Israel sich als Sohn Gottes oder als Kinder Abrahams (Joh.8,33) gesehen hat oder wie man Gläubige als Kinder Gottes bezeichnen kann. Den frommen Juden waren solche Formulierungen nicht weniger geläufig als uns heute.  Nein, diese Stelle im Markusevangelium sowie in den anderen synoptischen Evangelien ist so kristallklar, dass man sie praktisch nicht missverstehen kann. An anderer Stelle wird Jesus für seine hohe moralische Integrität sogar von Seiten der Pharisäer Respekt gezollt. Jesus wäre nicht für eine behauptete Seelenverwandtschaft oder für einen hohen ethischen Anspruch zum Tode verurteilt worden. Er wurde zum Tode verurteilt, weil er sich auf eine Ebene mit Gott gestellt hat, weil er sich wesensmäßig Gott gleich gemacht hat, weil er sich als derjenige bezeichnete, der er wirklich war, nämlich Gottes Sohn. Wenn er es wirklich ist, dann hätte dieses Gespräch mit Kaiphas nicht anders verlaufen können, dann hätte Jesus nicht anders reagieren können als es geschildert wurde. Wir könnten also schon hier den Schluss ziehen, dass Jesus sich als Gottes Sohn gesehen hat.

Simon Greenleaf, ehemaliger Professor der Harvard School of law und ein bedeutender Jurist, sagte über Jesu Gerichtsverhandlung (aus Bibel im Test): „Es ist nicht leicht zu erkennen, auf welcher Basis sein Verhalten vor irgendeinem Gerichtshof hätte verteidigt werden können, es sei denn aufgrund seines übermenschlichen Wesens. Es ist unvorstellbar, dass ein Rechtsanwalt seine Verteidigung auf etwas anderes hätte gründen können“.Robert Anderson (aus: „Die Bibel im Test“) schreibt dazu: „Aber keine bestätigenden Beweise sind überzeugender als die von feindseligen Zeugen. Und die Tatsache, dass der Herr Anspruch auf Gottheit erhob, ist durch das Handeln seiner Feinde unbestreitbar bezeugt. Wir müssen daran denken, dass die Juden ja kein Stamm unwissender Wilder waren, sondern ein hochkultiviertes und tiefreligiöses Volk; und auf diese Anklage hin wurde sein Tod ohne eine Gegenstimme vom Synedrium beschlossen- von ihrem großen nationalen Rat, der aus ihren eminentesten religiösen Führern bestand,…“  Gleichzeitig wird hier auch deutlich, wie fragwürdig die Behauptung ist, Jesus habe nie beansprucht, Gottes Sohn zu sein. Wenn das zutreffen würde, dann müsste man aber erklären, wieso Jesus dann überhaupt zum Tode verurteilt wurde. Eine alleinige Beleidigung der Pharisäer und Schriftgelehrten hätte nicht ausgereicht, zumal die breite Masse des Volkes eine Verurteilung auf dieser Basis nicht mitgetragen hätte. Dass die Hohenpriester das Volk dazu bringen konnten, lauthals „kreuzige ihn“ zu schreien, lässt sich viel einfacher durch das Argument der Gotteslästerung als durch etwas anderes erklären. Zuletzt sei noch mal an die Argumentation bei der Jungfrauengeburt erinnert. Das älteste Evangelium kenne die Jungfrauengeburt nicht, weshalb sie als nicht historisch angesehen wird. Im Falle der Begebenheit vor dem Hohen Rat bezeugt Jesus seine Gottessohnschaft auch im „ältesten“ Evangelium. Bedeutet dies nun konsequenterweise, dass wir es hier mit einer historischen Schilderung zu tun haben? Merkwürdigerweise zählt dieses Argument in den Augen der historisch-kritischen Theologie hier nicht, weil es an einer Karte ihres weltanschaulichen Kartenhauses rütteln würde. Man nennt dies auch eine inkonsistente Argumentation.

Wie argumentiert man nun auf Seiten der historisch-kritischen Theologie? Hier gibt es mehrere Kritikversuche: Nach Lesart der Kritiker ist die Schilderung des Prozessablaufes nicht logisch. Wo sei der innere Zusammenhang? Albert Schweizer, bekannter Urwald-Doktor und liberaler Theologe, fragt hier beispielsweise: „Woher weiß aber der Hohepriester, dass Jesus der Messias zu sein behauptet?… Warum versucht man zuerst, Zeugen für ein Tempelwort, das als Gotteslästerung gedeutet werden könnte, aufzubringen, um ihn auf dieses hin zu verurteilen?“  Albert Schweizer meint damit, dass der Verlauf und der Inhalt des Prozesses nicht logisch ist und deshalb Merkmale von gewachsenen Erzähltraditionen enthält und damit nicht historisch sein kann. Die Frage scheint zunächst berechtigt zu sein. Die Anmaßung, den Tempel abzureisen und in 3 Tagen wieder aufzubauen, hätte man als die Idee eines Geisteskranken ansehen können, sie hätte aber niemals ein Todesurteil gerechtfertigt. Warum werden die Zeugenaussagen dann überhaupt erwähnt? Und wieso springt dann der Hohepriester plötzlich zu der Frage, ob er der Messias, der Sohn des Hochgelobten sei? Wo soll da die Verbindung sein? Für die liberalen Theologen ist dies ein klassischer Fall von Inkohärenz (den inneren Zusammenhang entbehrend) – ein Indiz dafür, dass der Text nicht authentisch sei. Die Messiasfrage habe man in den Text hineingeschmuggelt, um Jesus den Messiasanspruch zu unterschieben. Lange Zeit konnte man dieses Argument kaum entkräften. Bis man Qumran entdeckt hatte und dort Schriften gefunden hat, die die Verbindung zwischen dem Tempelbau und der Messiasfrage klären. 4QFlorilegium: „Und Jahweh hat dir kundgetan, dass er dir ein Haus bauen wird; und ich werde deinen Samen aufrichten nach dir und den Thron seines Königtums für immer. Ich werde für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein. Das ist der Davidspross, der mit dem Erforscher des Gesetzes auftritt, welchen (er auftreten lassen wird) in Zion am Ende der Tage, wie geschrieben steht (Amos 9,11): Und ich will die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten. Das ist die zerfallene Hütte Davids. Darum wird er aufstehen, um Israel zu retten. Der erste Teil dieses Textes bezieht sich auf eine Weissagung Nathans David gegenüber aus 2.Sam 7. Der zweite Teil ist eine Interpretation dieser Stelle in Verbindung mit der Amosstelle mit Blick auf den künftigen Messias. Das heißt, in diesem Qumrantext, der von Essenern im zweiten und ersten Jahrhundert vor Christus geschrieben wurde, wird der endgültige Tempel Gottes mit der Messianität in Zusammenhang gebracht. Es bestand für die Juden im letzten vorchristlichen Jahrhundert, ausgehend von der Nathan-Weissagung in 2. Sam. 7 und der Prophetie in Amos 9,11, die Erwartung, dass der künftige Messias einen endgültigen prachtvollen Tempel bauen würde. Prof. Betz (aus Faszination Qumran von Alexander Schick, S.116) schreibt zu diesem Text: … umgekehrt erhebt jeder, der sich als Erbauer des Tempels ausgibt, indirekt den Anspruch, der Messias und Sohn Gottes zu sein. Jetzt wird klar, warum der Hohepriester unvermittelt die Messiasfrage stellt, als das Zeugenverhör beim Tempelwort stockt und der Angeklagte sich nicht dazu äußert.“ Wir sehen also, dass die Verbindung zwischen der Gottessohnschaft oder der Messianität einerseits und dem Tempelbau andererseits nicht aus der Luft gegriffen oder später erfunden war, sondern schon vor Jesus im Raume stand. Auf diesem Hintergrund wird der zunächst etwas unlogisch erscheinende Prozessverlauf plötzlich klar.

Welche weiteren Kritikpunkte führt man gegen diesen Text ins Feld?

In unserem Text über das Verhör vor dem Hohen Rat zitiert Markus den Hohenpriester Kaiphas mit der Frage: „Bist du der Christus (hebr. =Messias) der Sohn des Hochgelobten? Die Historisch-kritische Theologie sieht hier einen unjüdisch formulierten, späteren Einschub. (aus Faszination Qumran, S118). Im Arbeitsbuch zum neuen Testament von Conzelmann/Lindemann steht: „Die Frage des Hohenpriesters setzt voraus, dass Messias und Gottessohn zwei letztlich identische Bedeutungen seien- ein dem Judentum fremder Sprachgebrauch.“ Auch Prof. Pinchas Lapide, ein bereits verstorbener Religionsphilosoph, ist der Meinung, dass die Bezeichnung „Gottessohn“, wie sie im Christentum für Christus verwendet wird, in der jüdischen Kultur nicht denkbar gewesen wäre. Der Titel stamme aus dem Heidentum, wo man jeden Kaiser mit einer göttlichen Abstammung in Verbindung brachte. Diese Sicht ist mir selbst auch als Argument schon oft begegnet.

Auch hier hat die Qumranforschung ein neues Licht auf den Sachverhalt geworfen. Prof. Stuhlmacher ist sich mit seinem Kollegen, Prof. Betz, einig, dass die oben genannte Sicht heute nicht mehr haltbar ist. 1992 ist ein Qumranfragment (4Q246) veröffentlicht worden, in dem steht: „er wird groß sein auf Erden, alle werden Frieden machen und alle ihm dienen. Sohn des großen Gottes redet man ihn an… Gottes Sohn wird er genannt, Sohn des Höchsten wird man ihn heißen“. Dazu Prof. Stuhlmacher (aus Faszination Qumran): „In dem Fragment sind nunmehr die beiden Titel „Sohn Gottes“ und „Sohn des Höchsten“ definitiv auf aramäisch bezeugt, und zwar in einem frühjüdischen Text, der älter ist als alle neutestamentlichen Traditionen!“…. Die Frage des Hohenpriesters, ob Jesus der Christus sei, kommt der in 4Q246 gebrauchten Ausdrucksweise sehr nahe und ist mitnichten unjüdisch formuliert.“  Wieder mal hat sich eine liberale Deutung als Vorurteil erwiesen. Gottes Sohn und Sohn des Höchsten waren identische Bezeichnungen, die vor der Zeit Jesu schon angelegt waren.

An dieser Stelle möchte ich auf einen weiteren hochinteressanten Aspekt eingehen. Wenn wir in Luk.1 die Worte lesen, die der Engel Maria bei der Ankündigung der Geburt Jesus verwendet, dann stellen wir hier deutliche Ähnlichkeiten mit 4Q246 fest: Luk1:32: „…der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.“ Auch die Verkündigungsgeschichte um die Geburt Jesu gehört in den Augen der liberalen Theologen zu den stark umstrittenen Texten, die man nachträglich an heidnische Vorstellungen angepasst habe. Seit der Entdeckung des oben genannten Qumrantextes aus dem vorchristlichen Jahrhundert, der ebenso wie der zuvor genannte Text eine endzeitliche Interpretation des Nathan-Spruches darstellt, ist die Deutung einer Anpassung an die unjüdische, griechische Vorstellungswelt nicht mehr nötig und kann als widerlegt angesehen werden. Es bliebe hier nur noch die Argumentation übrig, die Evangelisten hätten ihre Schilderungen mythologisch nicht an die griechischen, sondern an die traditionellen jüdischen Messiasvorstellungen adaptiert. Wenn man dies behauptet, sollte man sich aber bewusst sein, dass man damit gleichzeitig das Argument der Erfüllung alttestamentlicher Prophetien unterstützt. Damit würde man nämlich indirekt zugeben, dass die Vorstellung von der Gottessohnschaft und von der Assoziation mit einem ewig beständigen Reich unter der Königsherrschaft des Messias vorher vorhanden war. Geht man von einer Adaptation aus, dann wird man mit detektivischer Genugtuung sich auf die Schulter klopfen und sagen: Richtig erkannt, die Evangelien wurden manipuliert. Geht man von der Historizität der Schilderungen aus, dann kann man nur staunen, wie sich die versteckten messianischen Weissagungen des AT exakt erfüllt haben. Entweder die Evangelisten haben ihre Erzählungen tatsächlich manipuliert, oder die historisch kritische Theologie ist hier auf dem falschen Dampfer, wenn sie behauptet, die Evangelisten hätten hier alttestamentliche Prophetien erfüllt sehen wollen.   

Johannesevangelium:

Nun wollen wir zu anderen Hinweisen auf die Gottessohnschaft Jesu kommen. Im Grunde ist das gesamte Johannesevangelien voll von Aussagen von und über Jesus, die seine ewige Gottheit unterstreichen. Jedem, der das Johannesevangelium gelesen hat, fallen hierzu zahlreiche Bibelstellen ein. Einige möchte ich nun im Folgenden aufführen:

 Joh 1,1ff: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. 4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen…. 14 Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Johannes der Täufer zeugt von ihm und ruft: „Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich.“  Mit Ausnahme der Zeugen Jehovas würde kein Bibelkommentator behaupten, dass hier nicht eindeutig die Präexistenz und die ewige göttliche Natur von Jesus dargestellt wird. Die Wirklichkeit Jesu wird hier in den denkbar weitesten Rahmen gestellt. Der Bezug zu den ersten Versen der Bibel über die Weltschöpfung anhand der Formulierungen „Im Anfang…“ und „das Leben“ und „das Licht und die Finsternis“, ist nicht zu übersehen. So ist für den Autor Jesus gleichzeitig der protologische Anfang, die christologische Mitte und in Verbindung mit der Johannesoffenbarung der eschatologische Zielpunkt der Welt- und Heilsgeschichte. Joh.1:30: „Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich.“ Joh1:34 Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn.“ Auch im Zeugnis des Täufers kommt nochmal die Präexistenz Jesu zum Ausdruck. (Joh.1,15). Jesus war vor Johannes existent, obwohl nach dem Lukasevangelium Elisabeth als die Mutter von Johannes dem Täufer schon im 6. Monat schwanger war, als Jesus gezeugt wurde. Auch die Gottessohnschaft Jesu wird aufgrund des Tauferlebnisses Jesu, bei dem eine herabkommende Taube gesehen wurde, bezeugt. Schon im ersten Kapitel des Johannesevangeliums erklärt uns also Johannes, wer Jesus wirklich ist und wie wir ihn verstehen müssen, nämlich als ewig existenter, einzigartiger Sohn Gottes.

Joh 3.16: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“  Mit eingeborenen (gr.: monogenes) Sohn ist gemeint, dass er der einzige Sohn Gottes und von einer Art mit Gott ist. Es gibt neben Jesus keine weiteren menschlichen Söhne Gottes, wie das vielleicht manche gerne verstanden haben wollten. Er ist wesensmäßig oder genetisch identisch mit seinem Vater. Versuche, hier nur einen einzigartigen Charakter hineinzuinterpretieren, stehen auf tönernen Füssen, insbesondere wenn man den Gesamtkontext des Johannesevangeliums mitberücksichtigt.

Joh 5,17-18; „Jesus aber antwortete ihnen: Mein Vater wirkt bis auf diesen Tag, und ich wirke auch.  Darum trachteten die Juden noch mehr danach, ihn zu töten, weil er nicht allein den Sabbat brach, sondern auch sagte, Gott sei sein Vater, und machte sich selbst Gott gleich.“  Wenn man Jesu Aussagen über seine Beziehung zu seinem Vater genau analysiert, dann fällt auf, dass er immer von -mein Vater- spricht, nie von -unserem- Vater. Hierzu ist es wichtig zu wissen, dass die Juden Gott nie -mein Vater- nannten. Sprachen sie doch vom Vater, dann schränkten sie diese Aussage immer mit „im Himmel“ ein. Jesus tat dies allerdings nicht. A.T Robertson, ein liberaler Theologe schreibt dazu: „Er erhob einen Anspruch, den die Juden nicht missverstehen konnten, wenn er –mein Vater- sagte.“ Dass dies auch tatsächlich stimmt, zeigt uns Johannes in seinem 5. Kapitel selbst: Joh.5,18: „Darum trachteten die Juden noch mehr danach, ihn zu töten, weil er nicht allein den Sabbat brach, sondern auch sagte, Gott sei sein Vater, und machte sich selbst Gott gleich.“  Die Sohnschaft bzw. Vaterschaft lässt sich hier also nicht als eine Beziehung betrachten, wie sie die frommen Juden zu Gott hatten, wenn sie von „Unser Vater im Himmel“ sprachen oder wie sie Christen im „Vater unser“ zum Ausdruck bringen, sie lässt sich hier nur als eine weit größere Beziehung ansehen. Es ist die Beziehung einer wesensmäßigen ewigen Identität mit Gott.  Jesus ist von Natur her der Sohn Gottes. Die Bedeutung eines Wortes oder einer Bezeichnung ergibt sich immer auch aus dem Kontext. Das heißt: Auch wenn ich die Bezeichnung -mein Vater- vielfach lediglich als den Ausdruck einer Liebesbeziehung ansehen kann, wie sie sich in einer menschlichen Vater-Sohn-Beziehung vollzieht, so muss das nicht heißen, dass es bei Jesus nicht eine weitaus höhere Bedeutung hat. Wenn der Ausdruck -Ich schmiere jemand Honig ums Maul- vielfach symbolisch zu verstehen ist, schließt das nicht aus, dass er manchmal auch eine reale Bedeutung hat. Die tatsächliche Bedeutung wird nur im Kontext sichtbar. Im 5.Kapitel wird uns die Bedeutung des Ausdrucks „Mein Vater“ eindeutig erklärt, und zwar durch die Aussage: „und machte sich selbst Gott gleich“!   

Joh 8,58: „Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich.“ Es gibt wohl keine andere Stelle, die Jesu Anspruch der Präexistenz klarer zum Ausdruck bringt als die vorgenannte. Hier sagt Jesus eindeutig, dass er schon vor Abraham existierte. Die Stelle aus dem Johannesevangelium ist jedoch noch aus einem anderem Grund höchst aufschlussreich. Jesus sagt hier nicht: Ehe Abraham wurde, war ich. Er verwendet hier offensichtlich ganz bewusst die Formulierung „bin ich“ (hebr.: Eimi)!  Mit dieser Formulierung trifft er aus Sicht der damaligen Schriftgelehrten mitten ins Wespennest. Warum? Weil das eine für den Juden bekannte Bezeichnung für den Namen Gottes ist. 2. Mose 3, 13.ff: „Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen? 14 Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt.“ Jes.43,10 u.11: „…damit ihr wisst und mir glaubt und erkennt, dass ich’s bin. Vor mir ist kein Gott gemacht, so wird auch nach mir keiner sein. 11 Ich, ich bin der HERR, und außer mir ist kein Heiland.“ Man könnte hier auch übersetzen: „Ich bin, der ich bin“. A.G. Campbell schreibt dazu (aus Bibel im Test): „Von alttestamentlichen Stellen wird klar, dass Jesus hier keinen neuen Gedanken bringt. Den Juden war es ein vertrauter Gedanke, dass das JAHWEH des Alten Testaments der ewig Seiende ist. Was den Juden neu war, ist die Identifizierung dieser Benennung mit Jesus.“ Weiter erklärt Campbell: „Dass wir den Ausdruck-Ich bin (eimi)- auch als Erklärung der vollen Gottheit Jesu zu verstehen haben, ergibt sich aus der Tatsache, dass Jesus erst gar keine Erläuterung gab. Er versuchte nicht, die Juden davon zu überzeugen, dass sie ihn missverstanden hätten, sondern er wiederholte die Aussagen mehrmals bei verschiedenen Gelegenheiten.“ Zahlreiche Autoren bestätigen, dass Jesus hier bewusst und die Reaktion der Juden in Kauf nehmend auf das zeitlose alttestamentliche -Ich bin- anspielt. Damit wird eindeutig klar, dass Jesus sich mit JAHWEH identifiziert. Nichts anderes ist auch der Grund, warum die Juden Steine aufhoben um ihn zu steinigen. Diese Aussage musste in den Ohren der frommen Juden eine Beleidigung Gottes sein wie es sie unverschämter nicht geben kann. Dieser Jesus von Nazareth behauptet, älter zu sein als Abraham und Gott gleich zu sein. Einen eindeutigeren Tatbestand für Gotteslästerung konnte es damals nicht geben.

 In Joh.10,30 sagt Jesus: „Ich und der Vater sind eins“. Was für eine unerhörte Provokation. Jesus macht sich Gott gleich. Dies musste für die damaligen Juden wohl erneut eine der größten Anmaßungen sein, die man als Mensch aussprechen konnte, was dann auch an der Reaktion der Juden (Versuch der Steinigung) zum Ausdruck kam. Könnte man an der Stelle Jesus unterstellen, er habe hier auf eine lediglich willensmäßige Einheit mit Gott angespielt? Die Frage lässt sich sehr leicht mit nein beantworten, wenn man den Textzusammenhang, den Urtext und das Gesamtzeugnis des Johannesevangeliums heranzieht. Jesus sagt hier (Joh 10:27): „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; 28 und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. 29 Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen. 30 Ich und der Vater sind eins.“  Nach jüdischer Vorstellung konnte nur Gott das ewige Leben geben. Jesus beansprucht hier jedoch die gleiche Macht, das ewige Leben seinen Schafen zu geben, wie sein Vater. Deshalb ist hier nicht nur an eine willensmäßige Einheit zu denken. Jesus macht hier unmissverständlich deutlich, dass er als ewiger von Gott autorisierter Richter das ewige Leben jemand zuerkennen kann. Er unterstreicht diese Machtgleichheit, indem er die beiden Formulierungen auf eine Stufe stellt: “Niemand wird sie aus meiner Hand reißen“ und „niemand wird sie aus des Vaters Hand reißen“.

Dass es hier nicht um eine Meinungs- und Willenseinheit geht, wird auch im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung deutlich. Joh 10,33: Die Juden antworteten ihm und sprachen: Um eines guten Werkes willen steinigen wir dich nicht, sondern um der Gotteslästerung willen, denn du bist ein Mensch und machst dich selbst zu Gott.“  Die Juden verstanden Jesu Aussage also als Anspruch auf Göttlichkeit. Jesus greift sogar einige Verse später die Haltung der Juden auf und verwendet nun plötzlich den Titel- Gottes Sohn-, obwohl dieses Wort bis dahin nicht gefallen war. Das zeigt, dass Jesus bzw. der Apostel Johannes als Autor die Ansprüche, „Gott“ zu sein und „Gottes Sohn“ oder „eins mit dem Vater“ zu sein für identische Ansprüche hält. Das heißt, Jesus wusste genau, was er sagte, wenn er vom Einssein mit dem Vater sprach und er wusste auch genau, wie das ein frommer Jude verstehen würde, nämlich als Anspruch, selbst Gott bzw. Gottes Sohn zu sein. Das heißt aber auch, Jesus hat es nicht vermieden, eine Formulierung zu verwenden, von der er wusste, dass sie unzweideutig seine Wesensgleichheit mit dem Vater zum Ausdruck brächte. Er hätte keine Formulierung verwendet, die sichergestellt hätte, dass er nicht an eine genetische Verwandtschaft dächte und damit einem Missverständnis vorbeugt. Der Sachverhalt lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Er sagte es, weil er es tatsächlich so verstanden haben wollte, und weil es das richtige Verständnis war.  Bis hierher wird also im Gesprächsverlauf genauso wie beim Verhör vor dem Hohen Rat deutlich, dass Jesus hier die Gottessohnschaft beansprucht.  Ab Vers 34 wird es nun besonders spannend:

„Jesus antwortete ihnen: Steht nicht in eurem Gesetz geschrieben: »Ich habe gesagt: Ihr seid Götter«?  Wenn er jene Götter nannte, an die das Wort Gottes erging – und die Schrift kann nicht aufgelöst werden –, sagt ihr von dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat: Du lästerst, weil ich sagte: Ich bin Gottes Sohn? Wenn ich nicht die Werke meines Vaters tue, so glaubt mir nicht!  Wenn ich sie aber tue, so glaubt den Werken, wenn ihr auch mir nicht glaubt, damit ihr erkennt und versteht[11], dass der Vater in mir ist und ich in dem Vater!“ Hier könnte allerdings nun doch der Eindruck entstehen, Jesus wollte die Aussage, Gott gleich zu sein, im Verständnis der Juden doch relativieren und doch nur eine moralische Einheit implizieren (hineinlegen).  Um diese Verse richtig zu verstehen, sollten wir einen kurzen Blick in Psalm 82 werfen. Die Richter, die von Gott eingesetzt waren, und deshalb als Götter bezeichnet werden, wurden getadelt, weil sie ungerechte Urteile fällten, weil sie die Gottlosen vor den Armen und Schwachen bevorzugten. Der Psalm beginnt mit den Worten: „Gott steht in der Gottesgemeinde und ist Richter unter den Göttern.“ Ab Vers 6 heißt es dann : „Wohl habe ich gesagt: Ihr seid Götter und allzumal Söhne des Höchsten; aber ihr werdet sterben wie Menschen…“ Das heißt, die Richter werden insofern als Götter bezeichnet, als sie über andere Menschen richten und damit im Auftrag Gottes handeln. Trotzdem sind sie aber ganz normale sterbliche Menschen. Will nun Jesus damit sagen, dass er insofern Gottes Sohn ist, als er im Auftrag Gottes wie die alttestamentlichen Richter handelt? Das würde dem Gesamtzeugnis des Johannesevangeliums widersprechen. Diese Stelle muss also eine andere Bedeutung haben: Jesus will hier nicht seine Stellung als Gottessohn abwerten oder relativieren, um dem Urteil der Juden zu entgehen. Er will das Urteil der Gleichsetzung mit Gott, dem Vater, bestätigen und durch den Vergleich mit den Richtern rechtfertigen. Es ist also ein Vergleich, bei dem nicht 2 gleichwertige Elemente einander gegenübergestellt werden, sondern bei dem anhand eines menschlichen Beispiels- nämlich der Richter- die unvergleichliche und um Dimensionen höhere Größe Jesu demonstriert werden soll. Jesus will damit folgendes sagen: Wenn schon jene Richter als schwache und fehlerhafte, sterbliche Menschen als Götter bezeichnet werden, weil sie letztlich im Auftrag Gottes handeln, wieviel mehr habe er selbst dann das Recht dazu, sich so zu nennen, nachdem er doch durch seine vielfältigen Werke, seine übermenschlichen Wundertaten,  seine weisen Worte, durch seine Allmacht und  Autorität längst bewiesen hat, dass er nicht nur ein sterblicher Mensch sei, sondern nichts anderes als Gottes Sohn sein könne. Jesus wollte sich keinesfalls auf die gleiche Stufe stellen wie ein Richter. Im Gegenteil, er wollte sich gerade anhand dieses Bezugs abheben von menschlichen Richtern. Er wollte damit den Juden eine Brücke bauen, um sein Recht auf seinen göttlichen Anspruch zu erklären. Genauso wenig, wie uns der Psalm sagen will, dass alle Richter tatsächlich Götter sind, will uns Jesus hier sagen, dass er nur ein Mensch sei wie jene Richter, auch wenn es auf den ersten Blick so erscheint. Zu erkennen ist dies nicht zuletzt auch daran, dass die Juden ihn nun abermals ergreifen und steinigen wollten. Offensichtlich hatte Jesu Erklärung nicht dazu geführt, dass der Vorwurf der Gotteslästerung abgeschwächt worden war.  Wir sehen also, diese Stelle im Johannesevangelium, die insbesondere von Zeugen Jehovas verwendet wird, um die Gottheit Jesu zu bestreiten, eignet sich nicht dafür, eine lediglich willensmäßge Identität Jesu mit Gott herzuleiten und seinen Anspruch auf sein göttliches Wesen zu widerlegen. Der Gesamtkontext und das gesamte Evangelium von Johannes sprechen hier eindeutig dagegen.  

Gottessohnschaft bei Markus:

 Das Verhör vor dem Hohen Rat wurde bereits erwähnt und ausführlich dargestellt. Wir wollen nun zu einer weiteren wichtigen geschilderten Begebenheit in der Erzählung über Jesus bei Markus kommen. Es geht um die Schilderung der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer. Hier berichtet das Markusevangelium: „Es geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ Im mutmaßlich ältesten Evangelium taucht das Bekenntnis zur Sohnschaft Gottes im ersten Kapitel auf. Markus war es genauso wie den anderen Evangelisten wichtig zu sagen, dass Jesus den Titel der Gottessohnschaft nicht aufgrund einer eigenen Aussage trägt, sondern aufgrund einer von Gott höchstpersönlich geoffenbarten Autorisierung in Form einer Stimme vom Himmel. Jesus hat sich den Titel nicht selbst gegeben. Gott selbst hat ihn als seinen Sohn bezeugt. Der gleiche Vorgang wiederholt sich auf dem Berg der Verklärung in Kapitel 9. Auch hier geschieht eine Stimme vom Himmel, die sagt: „Das ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören!“  Im Kapitel 3 berichtet Markus in Vers 11: „Und wenn ihn die unreinen Geister sahen, fielen sie vor ihm nieder und schrien: Du bist Gottes Sohn!“  Warum spricht Markus hier fortwährend vom Sohn Gottes. Der Titel des Gottessohnes scheint ihm zumindest wichtig gewesen zu sein, was auch ein liberaler Theologe nicht bestreiten würde. Wieso ist es hier aber nicht denkbar, dass es tatsächlich so passiert ist? Sprächen nicht die Parallelstellen in den anderen Evangelien (Taufe, Verklärung ) auch dafür, dass es sich hier um authentische Berichte von tatsächlich Geschehenem handelt? Um dies noch besser zu prüfen, wollen wir uns nun mit der Frage beschäftigen, wer der Markus war, der das nach ihm benannte Evangelium geschrieben hat.

Wer war der Verfasser des 2. Evangeliums?

Nach altkirchlicher Überlieferung ist der Verfasser des zweiten Evangeliums der im NT öfter erwähnte Johannes Markus. Aus Apg.12,12 erfahren wir, dass das Haus seiner Mutter eine Versammlungsstätte der jungen Jerusalemer Gemeinde war, also ein Ort, an dem die Zeugen der Taten Jesu ein und aus gingen. Markus hatte also mit großer Wahrscheinlichkeit unmittelbaren Kontakt zu den Aposteln. Das geistliche Leben der Urgemeinde und die Gesprächsthemen waren von den Erzählungen der Großtaten Gottes geprägt. Als Informanten dienten nicht irgendwelche sekundären Quellen, sondern die Augen- und Ohrenzeugen selbst. Wir können also davon ausgehen, dass das Markusevangelium authentische Erzählungen widerspiegelt. Es kommt allerdings noch ein zweiter Aspekt dazu: Nach dem Zeugnis der alten Kirche war Markus der Dolmetscher des Petrus. So liegt es nahe, dass der Dolmetscher die Reden, Predigten und Berichte des Petrus auch schriftlich in griechischer Sprache niedergeschrieben hat. Spuren dieser engen Verbindung finden sich im Markusevangelium selbst und im Petrusbrief. (Aus moderne Theologie unter der Lupe von Ernst Lerle): „Eine solche Spur ist in Markus 1,29.35f. enthalten. Dort lesen wir, dass in einer bestimmten Situation vier Männer unterwegs waren: Simon, Andreas, Jakobus und Johannes. Vom nächsten Morgen berichtet Markus, dass Simon mit denen, die bei ihm waren, Jesus nachgeeilt ist, Solche Aussagen kommen dann zustande, wenn einer von den vieren berichtet, er sei an jenem Morgen mit den anderen unterwegs gewesen. Bei der Umformung von Zeugenaussagen in einen Bericht wird dann an die Stelle der ersten Person, in der ein Zeuge spricht, die dritte Person gesetzt.“  Eine weitere Spur findet sich im Petrusbrief, wo Petrus diesen Markus als seinen Sohn bezeichnet. 1.Petrus 5,13. Es grüßt Euch aus Babylon (= Rom) die Gemeinde, die mit euch auserwählt ist und mein Sohn Markus.  Markus war demnach mit Petrus zusammen in Rom, was das Gesagte nochmal unterstreicht. Wenn wir also wissen wollen, inwieweit das Markusevangelium tatsächlich Erlebtes wiedergibt, dann müssen wir nochmal bei Petrus prüfen, welche Inhalte ihm wichtig sind. Wir können annehmen, dass Markus nicht die Lehre und die Inhalte der Predigt von Petrus nach eigenem Gutdünken manipuliert hat. Dafür betrachten wir nun die berühmte Stelle aus dem 2. Petrusbrief ab Vers 16. „Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit mit eigenen Augen gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.  Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.“Insbesondere mit dem Satz in Vers 18 betont Petrus, dass der Titel des Sohnes kein theologisch reflektierter Titel war, sondern der Titel, den Gott selbst Jesus bei der Verklärung gegeben hat. Um den Kreis zu schließen, können wir also festhalten, dass Markus, wenn er vom Sohn Gottes spricht, auf persönliche, authentische Berichte von Petrus, der selbst Historizität für seine Aussagen beansprucht (keine Mythen) zurückgreift. Es dürfte schwer sein, trotzdem von gutmeinenden theologisch manipulierten Texten auszugehen.

Nimmt man den Bericht vom Hohen Rat mit dazu, so können wir festhalten, dass auch Markus, der sich in seinem Evangelium an den Berichten und der Lehre von Petrus orientiert hat, selbstverständlich von der Gottessohnschaft Jesu ausgegangen ist.

Im Lukas und im Matthäusevangelium finden wir neben den klassischen Stellen- Taufe und Verklärung sowie Verhör vor Kaiphas noch die Geburtsgeschichte Jesu, die wie kein anderer Bericht die Gottessohnschaft Jesu zum Ausdruck bringt.

Wie sieht es nun in den Briefen aus?

Hier gibt es eine ganze Reihe von Stellen, die Jesus als Gott bzw. als Gottes Sohn bezeichnen .

Röm. 9,5: „…denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles, gelobt in Ewigkeit. Amen.“

Im griechischen Urtext ist hier wohl schwer zu entscheiden, ob der Lobpreis am Ende auf Christus bezogen ist („der da ist Gott…“ ) oder auf Gott („Gott, der da über allem ist, sei gelobt“). Die 2. Variante wird von manchen Auslegern vorgezogen, weil sie der liturgischen Tradition des Judentums entspricht. In Zusammenschau mit den folgenden Stellen im NT ist allerdings auch die 1.Variante zwanglos möglich. Die Schreiber der neutestamentlichen Briefe haben Jesus zweifelsfrei als Gott angesehen.

Tit 2,13: „…, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus … .“

2.Petr.1,1: „Simon Petrus, Knecht und Apostel Jesu Christi, an alle, die mit uns denselben kostbaren Glauben empfangen haben durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilands Jesus Christus: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden durch die Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn!“

Jud:1,4: „… und verleugnen unsern alleinigen Herrscher-Gott und Herrn Jesus Christus.“

Bei den zuletzt genannten 3 Stellen könnte jemand einwenden, es müsse nicht als Apposition (nähere Bestimmung eines Substantives. Bsp.: Karl der Große) verstanden werden, sondern als Aufzählung von 2 verschiedenen Elementen. In 2.Petrus 1,1 würde es bedeuten: Einerseits geschehe der Wunsch durch Gott, andererseits durch Jesus. Gott und Jesus müssten hier nicht als identisch verstanden werden. Dies ist aber nach der griechischen Grammatik eindeutig nicht möglich. Roger Liebi verweist hier auf die Granville Sharps Rule: „Sharps Rule ist konsequent stimmig in originalen griechischen Texten, die keine Übersetzungen darstellen: Zwei Nomen (A und B), die sich auf Personen beziehen, keine Eigennamen und keine Ordinalzahlen, in der Einzahl stehen und mit „und“ verbunden sind, wobei der bestimmte Artikel nur vor dem ersten steht, sind als gleich anzusehen (A = B) .“ Das heißt also, die Texte der zuletzt genannten drei Verse können nur in der Weise übersetzt werden, wie sie oben aufgeführt sind. Jesus ist gleichzeitig Gott.

Der Schreiber des Hebräerbriefes widmet gleich das gesamte erste Kapitel der Göttlichkeit Jesu

Heb.1,8: „Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen, aber von dem Sohn (Psalm 45,7-8): Gott, dein Thron währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter deines Reiches.“ und Vers 10ff:  »Du, Herr, hast am Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. 11 Sie werden vergehen, du aber bleibst. Und sie werden alle veralten wie ein Gewand; 12 und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.«

1.Joh 5,20: „Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns Einsicht gegeben hat, damit wir den Wahrhaftigen erkennen. Und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“

1.Joh.4,14: „Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt. 15 Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott.“

Phil.2,6f: „…, der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein.  Aber er entäußerte sich und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden…“

Mit diesen Versen zitiert Paulus einen urchristlichen Hymnus, in dem der Weg des Gottessohnes aus der himmlischen Herrlichkeit in die Niedrigkeit des Menschseins bis zur äußersten Tiefe des Todes am Kreuz beschrieben wird.

Röm,1,3: „…von seinem Sohn, Jesus Christus unsern Herrn, der geboren ist aus dem Geschlecht Davids nach dem Fleisch, der eingesetzt ist als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geist, der da heiligt, durch die Auferstehung von den Toten.“

Diesen Vers nimmt man in der liberalen Theologie zum Anlass, zu behaupten, dass Jesus erst nach der Auferstehung zum Sohn Gottes wurde. Er sei zwar als normaler Mensch von Maria und Josef gezeugt worden aber erst in Reflexion über die Auferstehung- also quasi rückwirkend- als Sohn Gottes inthronisiert worden. Diese Sichtweise ist aus 2 Gründen abzulehnen. 1.Sie widerspricht der Christushymne im Philipperbrief, in der die Präexistenz eindeutig zur Geltung kommt. Sie widerspricht sämtlichen oben genannten Zeugnissen in den Evangelien, in denen zahlreiche vorösterliche Hinweise auf die Gottessohnschaft auftauchen. Man müsste diese alle als Manipulationen ansehen. 2. Es gibt eine bessere Auslegung der genannten Stelle: Paulus wollte damit nicht sagen, dass Jesus erst mit Ostern zum Sohn Gottes wurde. Er wollte damit sagen, dass Jesus als Gottes Sohn zunächst in fleischlicher Schwachheit lebte. Seine Herrlichkeit war noch verdeckt, damit er für uns Bruder sein und für uns leben und sterben konnte, dann aber wurde er durch Ostern Sohn Gottes in Kraft. Die Betonung liegt hier auf -in Kraft! Durch die Auferstehung hat er die Sohnschaft nicht erst erlangt, sondern ein für alle Mal in seiner vollen Dimension bewiesen. Mit der Auferstehung hat er seine ewige Gottheit bestätigt und besiegelt. Nun gibt es keinen Zweifel mehr: Jesus ist der ewige Gottessohn.  Vor Ostern: Sohn Gottes in Schwachheit- nach Ostern: Sohn Gottes in Kraft. Das war die Botschaft, die Paulus wichtig war, um auch den Gläubigen zu ermutigen trotz Schwachheit im Fleisch schon jetzt aus der Kraft Gottes zu leben. 2. Kor. 13,4.: „Denn wenn er auch gekreuzigt wurde in Schwachheit, so lebt er doch aus Gottes Kraft. Und wenn wir auch schwach sind in ihm, so werden wir doch mit ihm leben aus der Kraft Gottes für euch.“  Die von der liberalen Theologie hier propagierte Auffälligkeit ergibt sich nur aus ihrem vorgefertigten Schema der Interpretation.

Hebräer 1 ist eine Zusammenfassung des bisher Gesagten. Ich will deshalb das ganze 1. Kapitel hier aufführen. Es ist gespickt mit Aussagen, die jeglichen Zweifel an der göttlichen Identität Jesu verstummen lassen:

1 Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, 2 hat er zuletzt in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welten gemacht hat. 3 Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden und hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe 4 und ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name.

Der Sohn höher als die Engel

5 Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt (Psalm 2,7): »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt«? Und wiederum (2. Samuel 7,14): »Ich werde sein Vater sein und er wird mein Sohn sein«? 6 Und abermals, wenn er den Erstgeborenen einführt in die Welt, spricht er (Psalm 97,7): »Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.« 7 Von den Engeln spricht er zwar (Psalm 104,4): »Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen«, 8 aber von dem Sohn (Psalm 45,7-8): »Gott, dein Thron währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das Zepter der Gerechtigkeit ist das Zepter deines Reiches. 9 Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl wie keinen deiner Gefährten.« 10 Und (Psalm 102,26-28): »Du, Herr, hast am Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. 11 Sie werden vergehen, du aber bleibst. Und sie werden alle veralten wie ein Gewand; 12 und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.« 13 Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt (Psalm 110,1): »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel unter deine Füße lege«? 14 Sind sie nicht allesamt dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit?

Jede Eigenschaft Gottes, jeder alttestamentliche Vers, der hier aufgeführt ist, wird vom Schreiber des Hebräerbriefes völlig unaufgeregt und selbstverständlich dem Sohn Gottes zugeschrieben, zwar in Abgrenzung zu den Engeln, aber trotzdem in seiner ganzen Tiefe der Bedeutung der Person Jesu Christi. Der Hebräerbrief befindet sich hier in völliger Übereinstimmung mit dem Johannesevangelium. Wenn es stimmen würde, dass Jesus erst mit der Auferstehung zum Sohn Gottes wurde, dann dürfte hier nicht von der Weltschöpfung durch den Sohn oder von der Ewigkeit des Bestehens seines Thrones die Rede sein. Natürlich würde hier ein liberaler Theologe einwenden, dass die paulinische Theologie, in der Jesus erst mit der Auferstehung inthronisiert wurde, älter ist als der Hebräerbrief und das Johannesevangelium. Die Vorstellung von der ewigen Gottessohnschaft Jesu habe sich in den Urgemeinden erst nach und nach entwickelt und werde erst hier im Hebräerbrief in seiner vollen Tragweite reflektiert. Alle Hinweise in den Evangelien auf die vorösterliche Gottessohnschaft Jesu (Taufe Jesu, Verklärung Jesu, Geburtsgeschichten usw. siehe oben) müssten demnach jüngeren Datums sein. Dies ist allerdings eine Sichtweise, die nur in einem geschlossenen System, in dem es keine übernatürlichen Wirkungen und somit auch keine übergeistige Offenbarungen gibt, einigermaßen stichhaltig ist. Genauso gut kann ich den Spieß auch umdrehen. Wir hatten uns in vorausgehenden Kapiteln mit der fortschreitenden Offenbarung, die in Jesus seinen Höhepunkt und vorläufigen Zielpunkt erreicht hatte, beschäftigt. Könnte es nicht auch so verstanden werden, dass die Tiefe der Aussagen und Geschehnisse um Jesus tatsächlich erst im Laufe der ersten Jahrzehnte nach Jesu Himmelfahrt erkannt wurde. Das bedeutet aber nicht, dass alle Ereignisse in den Evangelien, in denen die Gottessohnschaft zum Ausdruck gebracht wird, nicht tatsächlich geschehen sind und nur reflektierte Legenden sind. Sie können trotzdem geschehen sein, die ganze Dimension der Bedeutung dieser Geschichten ist aber erst später von den Aposteln insbesondere auf dem Hintergrund des größten Wunders der damaligen Geschichte, der Auferstehung, erfasst worden. Diese Sichtweise würde der wunderfreien Sichtweise der liberalen Theologen in keiner Weise nachstehen. Trotzdem will ich aber nochmal betonen, dass die These, die Gottessohnschaft Jesu habe sich erst im Laufe der Zeit entwickelt, nicht bewiesen werden kann. Wie wir bisher gesehen haben, gibt es sehr viele Anhaltspunkte dafür, dass die Berichte um die Jungfrauengeburt und die Berichte über Jesu Anspruch, Gottes Sohn zu sein, authentisch sind und nicht nur theologische Erfindungen oder nur Glaubenswahrheiten ohne historische Verankerung.      

Es gibt weitere Hinweise auf Jesu göttliches Selbstverständnis.  Nach alttestamentlichem Verständnis gebührt allein Gott Anbetung. Einen Menschen anzubeten wäre gotteslästerlich. Jesus ließ sich aber anbeten. Während Petrus eine Anbetung durch den Hauptmann, Kornelius ablehnt mit den Worten: „Steh auf, ich bin auch nur ein Mensch“ (Apg. 10,25-26), lässt sich Jesus an mehreren Stellen anbeten. Matth.8,2 (Leprakranker) Joh. 9,38. „Er aber sprach: Herr, ich glaube. Und er betete ihn an.“ Matth:14,33: „Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!“ Joh. 20,27: „Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!“ Im Gegensatz zu reinen Menschen lässt sich Jesus ohne weiteres anbeten.

Nun kommen wir noch auf eine sehr interessante Bezeichnung, die Jesus selbst für sich immer wieder verwendet: Menschensohn. Auf den ersten Blick scheint diese Bezeichnung nicht auf seine göttliche Herkunft gemünzt zu sein. Ich kann mich gut daran erinnern, wie wir im Religionsunterricht über diese Selbstbezeichnung Jesu diskutiert haben. Das Ergebnis war damals, es bedeute einfach Mensch ganz in Übereinstimmung mit der aramäischen Sprache Jesu, in der es auch einfach Mensch bedeutet. Wollte hier Jesus einfach nur sein Menschsein und seine Nähe zu den Menschen ausdrücken? Auffallend ist allerdings, dass im Griechischen des NT dieser Ausdruck nicht mit Mensch wiedergegeben wird, sondern mit Menschensohn. Bei näherer Betrachtung erschließt sich einem ein interessanter Zusammenhang. Im AT erscheint dieser Begriff in Daniel 7,13. Daniel sieht hier in einer Vision einen, der mit den Wolken des Himmels (= göttliche Herkunft) wie eines Menschen Sohn zu dem gelangt, der uralt war (Gott). Mit der Formel „mit den Wolken des Himmels“ brachte man eine göttliche Herkunft zum Ausdruck. Es kommt also Gott zu Gott. Die Stelle, an der sich Jesus unzweideutig auf die Danielstelle bezieht, haben wir bereits kennengelernt. Es ist Jesu Verhör vor Kaiphas, dem Hohen Rat. Jesus bezeichnet sich immer wieder als der Menschensohn. In Verbindung mit der Danielstelle bleibt kein Zweifel, dass Jesus mit der Bezeichnung auf seine göttliche Herkunft anspielt und die Schreiber des griechischen NT das erkannt hatten. Dazu Gerhard Maier: „ Jesus hat also Dan7,13 verbindlich ausgelegt: Er selber ist der Menschensohn“. Und zwar bezeichnet ihn dieser Titel „… zugleich als Gott, eben als die göttliche Gestalt, von der Dan 7,13 spricht.“   

Es gäbe noch zahlreiche weitere Bibelstellen, die Jesu Anspruch auf Göttlichkeit indirekt zeigen. Es sind zahlreiche indirekte Ansprüche, die Jesus äußerte. Vor allem aber: Alle Attribute, die im AT ausschließlich Gott zugeschrieben werden, übernimmt Jesus im NT. Um nur wenige Beispiele zu nennen: Retter, Licht, Hirte, Vater,Sämann, Bräutigam, Fels, Herr der Ernte, Weinbergbesitzer, (Ps 23 und Joh. 10) und nicht zuletzt Herr. Von den 52 Gleichnissen, die uns von Jesus berichtet werden, stellen 20 ihn selbst in der Bildsprache dar, die das Alte Testament typischerweise nur auf Gott den Vater bezog. (nach Dr. Philip Payne,Theologe, Cambridge)

Ein letzter Punkt darf hier nicht fehlen: Es ist das Recht und die Macht, Sünden zu vergeben, die eigentlich nur Gott hat. In Markus 2,7 heißt es: „Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?“ Wir kennen alle die Geschichte des Gichtbrüchigen, für den seine Freunde das Dach aufdecken, um zu Jesus durchzudringen. Hier fragt Jesus, was leichter sei- zu sagen: „Dir sind deine Sünden vergeben“ oder zu sagen: „Steh auf und geh umher.“ Beide Sätze sind einfach, doch wenn sie entsprechende Auswirkungen haben sollen, dann geht das nur mit göttlicher Macht und Autorität. Jesus heilt den Gichtbrüchigen, um zu zeigen, dass er auch die Vollmacht besaß, auch die Ursache für das Leid zu beseitigen, nämlich die Sünde. Auch hier zeigt sich zum wiederholten Mal, dass Jesus der Gotteslästerung bezichtigt wurde, weil er göttliche Autorität beanspruchte. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Jesus vergab nicht nur die gegen ihn begangenen Sünden, sondern auch die Sünden der Menschen untereinander, die eigentlich nur Gott vergeben kann.

Nachdem ich nun zahlreiche innerbiblische Kriterien für die Authentizität der Hohheitsaussagen von Jesus dargestellt habe , möchte ich im Folgenden noch auf einige geschichtswissenschaftliche Indizien für die Historizität dieser Ansprüche eingehen. Wenn Jesus in den Evangelien als Gottes Sohn oder Messias bezeichnet wird, dann sind das in den meisten Fällen Aussagen von anderen über Jesus. Jesus sebst bezeichnet sich selten direkt als Gottes Sohn. Gleichzeitig verpflichtet Jesus die Jünger an mehreren Stellen zum Stillschweigen über diese Begebenheiten. Warum also diese Zurückhaltung oder diese Verschwiegenheit, die man in der Theologie auch als das messianische Geheimnis bezeichnet. Dies wird von liberalen Theologen zum Anlass genommen, zu behaupten, dass Jesus diese Hohheitstitel nicht wollte bzw. ablehnte. Erst nach Jesu Auferstehung habe man ihm diese Titel zunehmend untergeschoben. Dies ist allerdings eine Behauptung, die nur auf den ersten Blick plausibel erscheint, wenn überhaupt. Um Jesu Zurückhaltung zu verstehen, sollte man sich zunächst nochmal vor Augen führen, was die Behauptung, Gottes Sohn oder der Messias zu sein im damaligen Umfeld bedeutete. Das Judentum ist eine streng monotheistische Religion. Außerdem gabe es schon damals immer wieder Männer, die behauptet hatten, der ersehnte Messias zu sein, bevor sie sich als fromme oder politische Verführer entpuppten. Was würde man also erwarten von einem Menschen, der solche Behauptungen aufstellte. Weder die frommen Juden der damaligen Zeit noch die Römer als Besatzungsmacht in Palästina konnten solche Behauptungen akzeptieren, insbesondere wenn diese Behauptungen Anhänger im Volk fanden. Für Juden war es Gotteslästerung, von einem Sohn Gottes zu sprechen und die Römer befürchteten Unruhen durch einen aufstrebenden Messias. Solche Behauptungen zogen früher oder später das sichere Todesurteil nach sich, was sich ja in Jesus bewahrheitet hat. Das messianische Geheimnis hatte also seinen Grund im theologischen Umfeld und in der politischen Situation der damaligen Zeit. Jesus sagte auch immer wieder, seine Zeit sei noch nicht gekommen. Das heißt, er mußte in seiner 3-jährigen Wirkungsphase zurückhaltend sein mit Aussagen, die seine Göttlichkeit unterstrichen, sonst wäre ihm vermutlich viel früher die Wirkungsmöglichkeit entzogen worden. Gleichzeitig war es ihm aber wichtig, seine Göttlichkeit durch vielfältige indirekte Anspielungen in Form von Gleichnissen oder Bildern (siehe oben)und in Form zahlreicher Wunder zum Ausdruck zu bringen. Ihm und den Menschen damals musste genauso wie uns heute klar gewesen sein, dass seine göttliche Autorität nicht in erster Linie durch eine verbale Behauptung sondern nur durch Taten überzeugen konnte. Dieser Sachverhalt kommt sehr schön in Johannes 10 zur Geltung, wo Jesus zu den kritischen Juden sagt, wenn sie schon seinen Worten nicht glauben wollten, so sollten sie doch wenigstens seinen Werken glauben. Daran könnten sie erkennen, wer er wirklich sei. Direkte Aussagen von Jesus zu seiner Göttlichkeit sind selten, indirekte Anspielungen häufig. Psychologisch ist es auch effektiver, eine Erkentnis langsam in den Köpfen der Menschen wachsen zu lassen, als sie durch eine direkte Aussage vor den Kopf zu stoßen. In der Geschichte von Jesus und der Samariterin führt Jesus sie langsam hin zu der Erkentnis, dass er der Messias sei (Joh.4). Zu allem bisher Gesagten würde auch passen, dass er, als die Zeit gekommen war, bei seiner Verurteilung vor dem Hohen Rat und vor Pilatus seine Zurückhaltung aufgibt und seine Göttlichkeit nun eindeutig bezeugt. Nach meiner Einschätzung ist das eine deutlich glaubhaftere Erklärung für seine Zurückhaltung als eine nachösterliche Entwicklung.

Bei genauer Betrachtung ist das messianische Geheimnis eher ein Argument für die Historizität der Hohheitstitel von Jesus. Bei einer nachösterlichen Entwicklung hätte man die Aussagen Jesu zu seiner Göttlichkeit und seiner Messianität viel stärker betont. Dazu schreibt der Theologieprofessor, Rainer Riesner: „Gerade die Art, wie nur verhüllt und geheimnisvoll auf die Messianität Jesu hingewiesen wird, ist ein starkes Argument gegen die Ableitung aus der urchristlichen Gemeinde. Sie hätte die Hoheitsaussagen sicher deutlicher hervorgehoben und ihre Schriftbezüge klarer herausgearbeitet.“ (aus Rainer Riesner, Jesus als Lehrer) Die Evangelienschreiber haben eben ihre Berichte nicht friesiert. Sie haben versucht, es so aufzuschreiben, wie es ihnen überliefert wurde oder wie sie es im Falle von Johannes und Matthäus selbst erlebt haben.

Nun zu einigen weiteren Indizien:

Die nun folgenden Informationen habe ich aus einem Youtube-Vortrag (glaubendenken: -Wahrer Gott, Jesu Selbstverständnis als ultimative Herausforderung- von Dr. Fabian Grassl, einem Religionsphilosophen, entnommen. In der historischen Forschung gibt es einige Kriterien, die für die Echtheit historischer Berichte sprechen. Diese können wir auch an den Texten des NT bzw. auch an den Texten, die Hoheitsaussagen Jesu enthalten, anlegen. Ich möchte dies am Beispiel des Petrusbekenntnisses durchführen.(Mk 8,27-30), Mt 16,13-20 Lk 9,18-21; Joh.6,67-69) Da ist zunächst das Kriterium der frühen und unabhängigen Quellen. Dieses Kriterium ist beim Petrusbekenntnis erfüllt. Das Markusevangelium als das mutmaßlich älteste Evangelium und das Johannes-Evangelium beruhen auf voneinander unabhängigen Quellen. In beiden Evangelien bekennt Petrus, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Dies spricht für die Authentizität der Geschichte. Wenn also der Hoheitstitel in 2 unabhängigen Quellen genannt wird und eine Quelle noch als sehr früh gilt, dann spricht dies sehr stark dafür, dass diese Erzählungen keine nachträglichen „Veränderungen“ darstellen. Ein 2.Kriterium, das die Wahrscheinlichkeit der Echtheit der Begebenheit erhöht, ist der Kontext. Eine ähnliche Frage nach der Identität des Betreffenden wird auch Johannes dem Teufer gestellt. (Lk3,15f; Joh.1,19f). Auch Johannes gegenüber stellt man sich die gut nachvollziehbare Frage, wer er sei. Man kann die Parallele bei Johannes durchaus auch als Hinweis sehen, dass eine derartige Frage nicht aus der Luft gegriffen, bzw nicht erfunden wurde, um den Hoheitstitel Jesu zu plazieren. Oder anders ausgedrückt, Wenn sie bei Johannes gestellt wurde, dann kann sie auch bei Jesus gestellt worden sein. Ein 3. Echtheitskriterium ist das Kriterim der Beschämung bzw. der Peinlichkeit. Unmittelbar nach dem Petrusbekenntnis kündigt Jesus seinen Leidensweg und seinen Kreuzestod an, woraufhin Petrus ihm ins Wort fährt. Nun sagt Jesus zu Petrus: „Geh weg von mir, Satan. Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.“ Hier gilt es als unwahrscheinlich, dass dies erfunden wurde, denn welcher christliche Schreiber oder Erzähler hätte ein Interesse daran gehabt, Petrus in ein schlechtes Licht zu rücken, wenn es nicht wirklich so passiert wäre? Ein Kriterium, das wir auch an zahlreichen anderen Stellen sowohl im alten als auch im neuen Testament anwenden können. Schließlich ist noch das Kriterium der Erwähnung von theologisch unwichtigen Details zu nennen. Es wird in allen Evangelien außer bei Lukas, der Ort genannt, wo diese Begebenheit sich abspielte- Cäsarea Philippi. Auch ein starkes Indiz dafür, dass die Evangelienschreiber konkret und tatsächlich Geschehenes wiedergeben wollten.

Wir sehen also, dass es gute historische, wissenschaftliche Gründe gibt, anzunehmen, dass Jesus sich als Sohn Gottes und als Messias ansah. Jesu Selbstverständnis war nicht weniger als es seit seiner Auferstehung vielfach bekannt und geglaubt wurde. Mehr klare Hinweise auf seine göttliche Herkunft kann es fast nicht geben. Jesus war nicht nur ein guter Mensch oder ein überragender Morallehrer, den man nachträglich zum Sohn Gottes gemacht hatte. Nicht nur an all den faszinierenden Aussagen der genannten Bibelstellen kann man deutlich machen, dass Jesus mehr beanspruchte als ein guter Mensch zu sein. Sein ganzes Reden, alle geschilderten  Geschehnisse, sein einzigartiges Verhalten den Jüngern und den Gegnern gegenüber, seine erfüllten Zukunftsprophezeiungen , seine vollbrachten Wunder, schließlich seine aufopferungsvolle Bereitschaft zu leiden und zu sterben sowie seine leibliche Auferstehung und nicht zuletzt die Folgen, die aus seiner Person als Ganzes entstanden und bis heute entstehen, deuten darauf hin, dass Jesus der lebendige Sohn Gottes, der verheißene Messias ist. Man kann Jesus auch nicht intellektuell erfassen und würdigen, um dann zur Tagesordnung überzugehen. Wenn man seinen Anspruch als die Wahrheit anerkennt, dann haben wir es in Jesus mit Gott selbst zu tun, dann kann es keine andere Reaktion auf diesen Anspruch geben als niederzufallen und ihn anzubeten. Dann müssen wir den Anspruch Gottes auf unser Leben ebenfalls anerkennen und bereit sein, uns in seine Wirklichkeit mit hineinnehmen zu lassen. Das war der Sinn seines Kommens, seiner Inkarnation. Er will uns da abholen, wo wir stehn und will uns in seine heilige Gegenwart holen.

C.S. Lewis: „Ich möchte jedermann vor dem wirklich dummen Einwand bewahren, er sei zwar bereit, Jesus als großen Morallehrer anzuerkennen, nicht aber seinen Anspruch, Gott zu sein. Denn gerade das können wir nicht sagen. Ein Mensch, der solche Dinge sagen würde, wie Jesus sie gesagt hat, wäre kein großer Morallehrer. Er wäre entweder ein Irrer- oder der Satan in Person. Wir müssen uns deshalb entscheiden: Entweder war -und ist- dieser Mensch Gottes Sohn oder er war ein Narr oder Schlimmeres. Wir können ihn als Geisteskranken einsperren, wir können ihn verachten oder als Dämon töten. Oder wir können ihm zu Füssen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber wir können ihn nicht mir gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht; diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen.“

C.S.Lewis: „Die Historiker stehen vor einem großen Problem, wenn sie für das Leben, die Aussagen und den Einfluss Jesus eine Erklärung finden sollen, die nicht schwerer ist als die christliche. Die Diskrepanz zwischen der Tiefe, der Vernünftigkeit und (lassen Sie mich hinzufügen) dem Scharfsinn seiner Morallehre einerseits und dem zügellosen Größenwahn andererseits, der seiner Theologie zugrundeliegen müsste, wenn er nicht wirklich Gott wäre, ist niemals zufriedenstellend geklärt worden. Deshalb folgt eine nichtchristliche Hypothese der anderen, und alle bringen nur Verwirrung zustande.“

Zum Schluss nun noch eine Aussage von William E: Biederwolf aus: „Bibel im Test“: „Wer das NT liest und nicht sieht, dass Christus mehr beansprucht, als nur ein Mensch zu sein, der kann ebenso gut zur Mittagszeit an einem wolkenlosen Tag den Himmel absuchen, ohne die Sonne zu sehen.

 Joh. 20,30f: „Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch.  Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr, weil ihr glaubt, das Leben habt in seinem Namen.“